Schiedsrichter Markus Merk plaudert aus seinem Leben
Karsten Bödeker
SYKE.
Mit voller Leidenschaft berichtete Dr. Markus Merk vom Weg durch sein Lieblingsstadion: „Wenn Sie dann an der berühmtesten Kapelle der Welt vorbei gekommen sind und die neun Stufen hoch gehen, hören Sie schon die Schlachtgesänge der Massen. Und dann stehen sie mitten drin im Nou Camp in Barcelona.“ Und nach kurzer Pause ergänzte der berühmteste Schiedsrichter Deutschlands schmunzelnd: „Sie können sich sicher vorstellen, dass das kein großer Unterschied zum heutigen Abend in Syke ist. „Zweite Spielminute, 1:0 für Markus Merk, der bei der Gesellschafterversammlung der Volksbank Syke zum Thema „Sicher entscheiden“ referierte. Als Personal-Coach brachte der gelernte Zahnarzt und Weltschiedsrichter von 2004 und 2005 die Erlebnisse und Erfahrungen aus seiner höchst erfolgreichen Schiri-Karriere mit in seinen Vortrag ein. Und Merk erwies sich auch auf diesem Parkett als absoluter Profi und riss das sicherlich nicht auf Fußball spezialisierte Publikum mit. Unserer Zeitung lieferte er Antworten auf einige Stichworte:
Schiedsrichterausweis: (lachend) Den brauche ich nicht mehr, ich komme überall rein.
Beginn der Karriere: Bei meinen frühen Stadionbesuchen auf dem Betzenberg hat mich fasziniert, dass die drei Unparteiischen da unten solch eine Verantwortung übernehmen. Mein erstes Spiel habe ich dann mit zwölf Jahren geleitet, das war ein E-Jugend-Spiel 1974.
Höhepunkt der Karriere: So etwas wie das EM-Finale 2004 erlebt man nur einmal. Wichtiger ist aber noch, dass ich mich über viele Jahre etabliert und immer wieder bewiesen habe.
Schiedsrichterinnen im Profifußball: Es entscheidet nur die Leistung und die hat Bibiana Steinhaus über Jahre gebracht. Aber zugegeben, vor zehn Jahren war es sicherlich schwieriger. Das ist wie in allen anderen gesellschaftlichen Schichten, in denen sich die Frauen ihre Position erkämpfen mussten.
Beste Fußballregel: Da gibt es keine bestimmte. Toll ist, dass das Regelwerk als Ganzes so reibungslos funktioniert.
Ärgerlichste Fußballregel: Die Verwarnung für das Trikotausziehen beim Jubeln ist schwer zu vermitteln. Aber Fußball ist ein weltweiter Sport und gerade in der islamischen Welt ist diese Regel aus religiösen Gründen sinnvoll. Ändern würde ich die rote Karte bei Notbremse im Strafraum, wenn der Spieler noch versuchte, den Ball zu kriegen. Dann gibt es sowieso schon Elfmeter.
Schwierigstes Spiel: Es gibt immer mal Phasen, in denen es nicht so gut läuft. Besonders in Erinnerung ist mir das Spiel Eintracht Frankfurt gegen FC Bayern 1989, als ich drei Tore für Frankfurt nicht gab und Bayern 2:1 gewann. Das Fernsehen hat mich hinterher bestätigt. Wenn ich da voll daneben gelegen hätte, wäre es vielleicht anders gelaufen, das war erst meine zweite Saison, und so etwas wollte ich nicht wieder erleben.
Presse: 95 Prozent der Journalisten sind sachlich. (schmunzelnd) Die wissen ja auch, dass wir uns wieder sehen. Einmal bei einem Spiel in Leverkusen war Hella von Sinne im Stadion. Die BILD hat dann getitelt: „Hella im Stadion – Merk von Sinnen.“
Bedeutende Spiele: Wir kriegen da auf dem Rasen alles mit. Man kann richtig merken, wie das ganze Stadion mit einer Verzögerung von Sekunden auf unsere Entscheidungen reagiert und es dann immer lauter wird. Ich realisiere in jedem Moment die Bedeutung der Entscheidungen, zum Beispiel, dass da Griechenland plötzlich Europameister wird. Oder auch 2001, als ich in Hamburg wegen des Rückpasses Freistoß für Bayern gebe. Da denkt man sich dann aber auch: Ein Freistoß aus zwölf Metern gegen eine Elf-Mann-Mauer, der geht nie rein.
Trikotfarbe für Schiedsrichter: Wissen Sie, dass wir im Pokalfinale 1993 die ersten waren, die grün getragen haben? Ich mag das rote Trikot ganz gern, aber nach so vielen Jahren der bunten Farben, ist schwarz wieder mal ganz schön.
Eigener Fanclub: Da wollten tatsächlich mal einige von anfangen. Hört bloß auf damit, habe ich gesagt.
Erfolg: Der kommt auch daher, dass ich gewisse Werte auch außerhalb des Platzes vermittle. Es ist schön, dass ich berühmt und auch bei den Spielern beliebt bin und mir inzwischen sogar Fehler erlauben kann, über die dann weniger geschimpft wird. Ich sollte in den letzten beiden Jahren sogar wieder das DFB-Pokal-Finale leiten, obwohl jeder Schiri das nur einmal machen soll. Ich habe diese Spiele dann anderen überlassen.