150 Schiedsrichter bei der Lehrversammlung / Goldene NFV-Verdienstnadel für Walter Schmidt
Energiegeladen mit deutlicher Körper-sprache, klarer Ansage und mit Schweiß auf der Stirn, so kennen die Zuhörer den Referenten Lutz Wagner. Fast zwei Stunden lang begeisterte er 150 Schiedsrichter/-innen und Schiedsrichter bei seinem Vortrag in der Mensa des Gymnasiums Himmelsthür. Für sie war es ein Höhepunkt bei der letzten Lehrversammlung vor der Winterpause. Die Freude über den Gastreferenten gab auch der Schiedsrichterobmann Marcin Kuczera zu erkennen. Nach sechs Jahren gab der frühere Bundesliga-Referee in Hildesheim sein zweites Gastspiel.
Doch zu Beginn des Abends würdigte Kuczera die 40jährige aktive Schiedsrichter-tätigkeit von Walter Schmidt (SV Freden) und zeichnete ihn mit der goldenen Verdienstnadel und der Ehrenurkunde des Niedersächsischen Fußballverbandes (NFV) aus. Kuczera bezeichnet Schmidt als einen zuverlässigen und engagierten Schiedsrichter, der das Amt mit Leidenschaft ausübt. Genau so lange ist Walter Schmidt Mitglied in der Hildesheimer Schiedsrichter-vereinigung, deren 2. Vorsitzender er viele Jahre war. Der Vorsitzende Walter Klußmann ehrte ihn für seine Treue mit einem Pokal und der entsprechenden Urkunde.
Nach fast 20 Jahren als Bundesligaschiedsrichter auf höchstem Niveau, wechselte Lutz Wagner 2010 mit Erreichen der Altersgrenze die kurzen gegen die langen Hosen. Als verantwortlicher Koordinator für die Schiedsrichter-ausbildung beim DFB und als Coach der Bundesligaschiedsrichter gibt er heute sein Wissen als Keynotespeaker und Führungskräftecoach in der freien Wirtschaft genauso weiter wie auch als Regelberater der Medienanstalten. Der Mann war gerne Schiedsrichter. Jetzt versucht der, DFB-Schiedsrichter-Lehrwart (die genaue Bezeichnung lautet: Koordinator für Regelumsetzung, Talentförderung und Basisarbeit) diese Begeisterung jungen Menschen zu vermitteln.
„Der Schiedsrichter ist in seiner Rolle Projektleiter und Anwalt des Spiels, die ordnungsgemäße Spieldurchführung und die Gesundheit aller Beteiligten zählen zu euren Hauptaufgaben“, waren die einleitenden Worte des Gastredners. „Das Stellungsspiel ist nicht nur im normalen Leben entscheidend“, war eine humorvolle Einlage des 51jährigen. Während seines Vortrags wechselt er immer wieder in das Publikum, befragt gezielt die jungen Schiedsrichter bei einem mündlichen Regeltest nach ihrer Entscheidung. „Aus seiner großen Erfahrung ist sein Vortrag lebendig und wird nie langweilig, eine Lehrstunde für uns“, bestätigten die Zuhörer.
Für reichlich Diskussionsstoff, Kopfschütteln und eine Prise Humor sorgte Wagner bei seinem Rückblick zur FIFA-WM in Brasilien. Per Videofilm deckte der Referent schonungslos falsche Schiedsrichter-entscheidungen bei den vielen Begegnungen auf, versäumte aber nicht, über das Positive zu sprechen. „Fehler passieren auch auf höchster Ebene, aber das Stellungsspiel, das jeder Unparteiische beherrschen sollte, war bei der WM katastrophal“, argumentierte er und gab Beispiele wie man es besser macht. „Aus diesem Turnier konnte man viel mitnehmen. Im Vergleich sehen wir wie gut die deutschen Schiedsrichter da stehen“, setzte der DFB-Funktionär noch einen drauf. Die Themen „Abseits“ „Vorteil“, „Handspiel“ und die Kommunikation zwischen Schiedsrichter-Assistenten, Spielern und Trainern rundeten zum Schluss den Lehrvortrag ab.
Mit einer Flasche Hochprozentigem bedankte sich Kuczera beim Gastredner für seinen abwechslungsreichen Lehrvortrag, bei dem alle viel mit nach Hause genommen haben. Wagner erwiderte: „Ich bin gern nach Hildesheim gekommen, hier herrscht Ruhe und die Schiedsrichter arbeiten gut mit, das erkenne ich“. (bn)
Vita Lutz Wagner
Lutz Wagner aus dem hessischen Kriftel war seit 1991 DFB-Schiedsrichter für den SV 07 Kriftel, pfiff seit 1992 Spiele der 2. Bundesliga seit 1994 Spiele der 1. Bundesliga. Mit über 197 Bundesligaspielen und mehr als 100 Zweitliga-Einsätzen zählt Wagner bis heute zu den Bundesliga-Schiedsrichtern mit den meisten Einsätzen.
Auf die Frage eines Journalisten ob man durch die zunehmenden Attacken gegen Schiris Angst haben muss antwortete Wagner: „In der Bundesliga sind die Schiedsrichter sicherer als in den Amateurklassen. Bei den Amateuren aber können die Zuschauer meist problemlos zum Schiedsrichter gelangen. Da braucht man als Unparteiischer sehr viel Mut. Deshalb sind die Schiedsrichter, die in der Kreisliga pfeifen, für mich die Helden der Roten Erde. Ich weiß das, ich habe auch noch zu meiner Bundesligazeit Amateurspiele gepfiffen,“ erwiderte Wagner. (bn)
Fotos: Neumann